Kommentar: Wozu ein Containment ...

... wenn man nach dem Verlust der Kühlung alle Schleusen öffnet und den radioaktiven Dampf direkt rausbläst? Da hätte man auf die hohen Kosten für zusätzliche Metall-Hülle und Containment rund um den Reaktor auch gleich verzichten können. Die Reaktoren in Fukushima sind faktisch offen. Nur die Brennelementhülsen trennen ihren hochradioaktiven Inhalt noch von der Umwelt. Und durch die langen kühlungslosen Phasen in den Reaktoren 1 bis 3 sind diese sicher beschädigt, wahrscheinlich sogar zu großen Teilen aufgeschmolzen.

Möglicherweise gelingt es auf diesem Weg, den Druck im Reaktor so weit abzusenken, dass man mit gewöhnlichen Pumpen (statt der stromlosen und/oder kaputten Noteinspeisungspumpen) Meerwasser in den Reaktorkern leiten kann und die Situation so formal unter Kontrolle halten kann. Das ist aber so ähnlich, wie wenn die Feuerwehr ein Gebäude "kontrolliert abbrennen" lässt, weil Löschen nicht mehr möglich oder zu gefährlich ist.

Anfangs hatte man in Fukushima noch Glück, der Wind blies zum Meer und Japan blieb von großflächigen Verstrahlungen verschont. Doch der Wind hat zwischenzeitlich gedreht. Radioaktivitätsmessstationen scheinen in Japan spärlich gesät zu sein, denn zugehörige Meldungen sind selten. Das, was gemessen wird, ist bedenklich: Selbst in über 100 Kilometer Entfernung zum Reaktor wurden 100- bis 500-fach höhere Werte gemessen, als natürlicherweise der Fall ist. In der Nähe des Reaktors sind die Messwerte laut IAEA noch 20 000 mal höher (bis zu 400.000 Mikrosievert pro Stunde, im Vergleich zu 0,1 Mikrosievert pro Stunde natürlicher Strahlung).

Unter Kontrolle hat der Betreiber TEPCO allenfalls noch die eigene Kommunikation. Da wird weiterhin abgewiegelt und nur zugegeben, was eh schon offensichtlich ist. In den Pressemitteilungen ist etwa von "Weißem Rauch rund um Block 3 des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi" die Rede. Dabei hat der Rest der Welt auf den Fernsehbildern und Internet-Video-Streams schwarzen Rauch gesehen.

Ebenso lächerlich die Einstufung des Vorfalls durch den Betreiber als Stufe 4 auf der INES-Skala der IAEA. Stufe 6, zwischen Tschernobyl (7) und Three Mile Island/Harrisburg (5), erscheint angemessen.

In Fukushima Daiichi hat man nämlich die Kontrolle verloren: Schwere Gasexplosionen oberhalb der Reaktoren in Block 1 und 3. Explosion im Inneren des Blocks 2 in Reaktornähe. Keine Kühlung bei Block 2. Kochendes Kühlwasser im Becken für abgebrannte Brennelemente in Block 4, sowie Brand in der Nähe dieses Beckens. Erhöhte Temperaturen im Abklingbecken auch in den Blöcken 5 und 6. Direkte Meerwasser-Notkühlung in Block 1 und 3.

Die Meerwasser-Einleitung in Block 1 und 3 ist garantiert verbunden mit dem Austritt radioaktiven Dampfs und/oder dem Rückfluss erwärmten radioaktiven Kühlwassers ins Meer. Die in Block 4 bis 6 genannten abgebrannten Brennelemente strahlen wahrscheinlich noch stark, denn es dürfte sich jeweils um erst vor kurzem im Rahmen der zum Zeitpunkt des Bebens gerade durchgeführten Wartungsarbeiten aus dem Kern entfernte Brennelemente handeln. Was sich in Block 2 gerade zusammenbraut, werden wir sowieso erst später erfahren.

Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl lagen einige der am stärksten mit Radioaktivität belasteten Gebiete nicht in unmittelbarer Nähe des Reaktors, sondern rund 200 Kilometer weiter nordöstlich. Dort hatte sich die radioaktive Wolke abgeregnet. Die aktuelle Evakuierungszone von 20 Kilometern ist also viel zu klein. Sie auf 200 Kilometer auszudehnen, geht nicht: Wohin will man Tokio evakutieren?

So bleibt der Mehrheit der Japaner nur Bangen und Hoffen: Dass in Block 2 irgendeine Form der Kühlung wiederhergestellt wird, bevor alles Jod und Cäsium verdampft ist. Dass man in den Blöcken 4, 5 und 6 die Kühlung in den Abklingbecken wiederherstellt. Und vor allem, dass der Wind günstig steht. Aktuell weht er wieder östlich, aufs Meer hinaus, nachdem es zuvor mehrere Stunden Richtung Tokio ging.

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15.03.2011 12:00 Uhr

gau-japan.de

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Weitere Quellen und Informationen

- Nationale Medien

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- Blogs etc.

- Fachmedien

- Explosion in Fukusima Daiichi